Sonntag, 28. April 2013

Endspurt


Seit mehr als einer Woche sind wir wieder zurück aus Paris. Joshi war zwischendurch sogar schon eine Woche beim Papa. In diesen Wochen (wohlgemerkt: das ist nun erst die 3. Woche insgesamt, die Joshi in 5 Jahren bei seinem Papa verbringen darf) merke ich immer mehr, wie sehr ich an meinem großen Schatz hänge. Nicht nur was die Liebe zu ihm angeht, sondern auch was mein Selbstbewusstsein betrifft. Joshi gibt mir einen Tagesrhythmus und Struktur. Wenn er nicht da ist, habe ich Zeit für mich, Zeit für Freunde und Zeit zum Nachdenken. Und in diesen Zeiten stelle ich dann fest, dass es wunderbar ist, einfach nur Frau zu sein. Das war ja das letzte Mal schon so und es fällt mir schwer, das anzunehmen.

Mein „großes Glück“ lässt sich hier nicht einfach vergessen oder abschreiben. Im Gegenteil. In solchen „freien“ Wochen haben wir mehr miteinander und füreinander Zeit und merken dann doch, dass es irgendwie schön ist zu zweit aber eben auch schwierig... Das macht traurig, wütend und enttäuscht. Es macht die Tage endlos lang, die Nächte zu besten Freunden und vertreibt den Appetit, sodass ich in den Wochen allein von 10€ leben kann. Eigentlich wollte ich mich auf so ein Glück gar nicht mehr einlassen, schon gar nicht in Frankreich. Eigentlich war ich mit unserem (also Joshis und meinem) Leben ganz zufrieden. Nach 4 Monaten hin und her dachte ich mir dann halt „gut, schauen wir mal“ und als ich mir dachte „naja, vielleicht meint mein Glück es ja doch ernst“ kam die Backpfeife. So ist das, davor ist man wohl nie gefeit. Ich dachte wirklich nicht im Leben daran, dass man/frau mit Mitte-Ende 20 sich nochmal so dumm wie ein Teenager fühlen kann. Dumm, ausgenutzt und traurig. LA FIN.

Am Freitag konnte ich nach Deutschland fahren. In Erlangen waren am Samstag Villigster Vorauswahlen und wir haben wirklich tolle Kandidaten und lebhafte Diskussionen gehabt. Eine willkommene Abwechslung und ich hatte gar keine Zeit über das vergangene Glück nachzudenken. Ein paar Mails haben wir uns noch geschrieben, weil ich in Deutschland ja über Handy (die franz. Nummer) nicht erreichbar bin. Das ist ganz gut, weil ich beim Schreiben dann alle Zeit der Welt habe, nach Worten zu suchen. Es ist schwer, solche Gefühle in einer anderen Sprache auszudrücken. Wie heißt es so schön: die Hoffnung stirbt zuletzt...

Heute habe ich dann Joshi wieder mit nach Straßburg genommen. Wir haben uns viel erzählt und er erschien mir wieder ein Stück größer. Wie schnell die Entwicklung doch geht. Morgen ist dann wieder Maternelle und Uni, ich sollte das Lernen anfangen. Auch wenn ich mit dem Kopf woanders bin. Nur noch 3 Prüfungen, dann ist das Kapitel „Auslandsstudium“ fertig geschrieben und ich weiß noch gar nicht, wie ich ohne meinen Blog hier dann weitermache ;-) Ich habe mich da so dran gewöhnt. Na, vielleicht starte ich einen neuen Blog. „Studieren, Examinieren, Promovieren mit Kind“ oder so ^^

Die Wochen, die mir hier noch bleiben, sind ausgefüllt. Es stehen noch viele Besuche an und ich freue mich auf meine ganzen lieben Freunde, auf die Gespräche, auf gemeinsam sein, auf die Ablenkung. Denn einen bitteren Beigeschmack haben diese letzten Wochen leider auch. Nicht nur weil mit Straßburg als Ort und meine neuen Freude hier so ans Herz gewachsen sind. Ich freue mich das erste Mal wieder auf Deutschland, weil ich weiß, dass der Abstand emotional guttun wird. Weil der Abstand wichtig ist, um die Enttäuschung zu vergessen. Und dennoch werde ich nach Frankreich zurückkehren. Ich habe mich verliebt in das Land. Nicht nur in das Elsass. Ich habe ja schon geschrieben, dass ich nicht einmal genau rational begründen kann, warum es mich hierher zurückzieht. Es fühlt sich so „richtig“ an... Ob ich Joshi mitnehmen werde können, das werde ich dann in 3 oder 4 Jahren entscheiden müssen. Gegenwind wurde bereits angekündigt. Aber das wäre nicht das erste Mal in meinem Leben, dass ich Gegenwind habe, den hat ja jeder Mal. Aber Joshi ist in 7 Jahren schon soweit, dass er selber entscheiden kann, bis dahin bin ich auch im Beruf und „eingerichtet“ und dieses „Einrichten“ möchte ich in Frankreich machen. Sonst hänge ich irgendwann in Dtl fest, bin eingerichtet und ärgere mich, dass ich den Schritt nicht früher gemacht habe. Die Sprache wird ja auch nicht besser durch das Nicht-Reden...

Ihr merkt schon: mit äußerst gemischten Gefühlen geht es in die Zielgerade dieser 10 Monate hier im Elsass und ich bin so unendlich dankbar, dass ich das noch erleben darf, auch wenn es gerade nicht so schön ist und es mir nicht gut geht. Aber zu erleben, dass da mehr ist als nur die „Mama“ und „Studentin“, dass es mehr gibt als nur Erlangen, dass auch einmal über den Rhein ein großer Kulturwechsel sein kann, dass Christ sein in Deutschland nicht das gleiche ist wie in Frankreich, dass es Menschen gibt, die für ihren Glauben und für ihre Kirche richtig was leisten müssen (und das in weniger als 450km Entfernung)... … das tut gut und hat mich wieder etwas aufmerksamer gemacht für meine Umwelt.

Ich halte euch auf dem Laufenden, wie es hier die letzten Wochen noch so zugeht. Vive la France!

Heute liebe Grüße an Andrea, die mir eine so große Stütze ist zur Zeit. Danke!

Sprachblüten:
 
Joshi kommentiert die Geschichte vom Barmherzigen Samariter:
"Das ist echt nicht höflich, einfach jemanden zu schlagen! Der Dieb hätte doch einfach fragen können, ob der Mann ihm was abgibt. Das geht ja mal gar nicht, einfach jemanden umzuhauen! Echt gar nicht!"
 
Joshi beim Ins-Bett-Gehen...
Jo: "Mama, spielen wir noch 'Hand auf Hand'?"
Ich: "Nein, wir spielen jetzt "Ich-Schlafe-Durch-Bis-Morgen-Früh."
Jo: "Jaaaaaaa"
- Denkpause-
Jo: "Mann, Mama, jetzt hast du mich echt ausgetrickst!"

Jo: "Mama, ich bin satt!"
Ich: "Na, dann kann ich ja den Rest essen!"
-ich nehme mir hungrig den Teller-
Jo: "Ja, Mama, da haste jetzt aber Glück gehabt, gell?"

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