Dienstag, 8. Januar 2013

Weg. Weglaufen.

Wir sind wieder gut hier angekommen. Joshi hat sich, sehr zu meiner Freude, auf die École gefreut. Da ich gestern eine Prüfung hatte, musste er das erst Mal bis 17:30Uhr in der École bleiben. Nach 16Uhr gibt es in Frankreich in (fast) jeder Schule eine "Garderie" bis 18:15Uhr. Gut für mich in diesem Fall. Joshi war begeistert! Er wollte gleich wieder hin und als ich ihm sagte, dass ich im nächsten Semester zwei mal länger Uni habe und dass er dann zwei mal in der Woche in die Garderie gehen darf, war er hellauf begeistert. Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.
Ja, ich habe den Eindruck dass jetzt erst so richtig das Leben hier beginnt. Keine Sorgen mehr um Joshi (also in Sachen Schule und Sprache), Freunde, Bekannte und und und. Mit Anne treffe ich mich diese Woche auch noch in ein "Taschentuch-Süßigkeiten-Rosa-Abend" (zu dem ich Joshi mangels Babysitter mitnehme) wird auch noch veranstaltet, weil Sarahs Freund wieder in die USA zum Studium zurück muss und sie deshalb so traurig ist. Abschiede sind was Doofes...

Sonst gibt es nicht allzuviel Neues. Wir sind ja erst seit 5 Tagen wieder hier. Ich habe viel nachgedacht die letzten Tage. Über Chancen, über das Weglaufen, über Flucht, über ausgesprochene und unausgesprochene Wahrheiten, über Ver- und Nachgeben... ... Danke, David, für alle Hilfe :)

Wenn ich wieder etwas klarer bin, werde ich meine "Ergebnisse" zum Thema "Weglaufen" hier mal niederschreiben. Denn noch bin ich mir nicht im Klaren darüber, wie und warum manche Leute immer wieder die Idee haben, ich würde hier in Straßburg vor etwas weglaufen (puh, wäre das eine anstrengende Flucht! Moment - ist Flucht und Weglaufen dasselbe?)...

Liebe Grüße an Rebi, der ich heute Abend eine laaaange Mail schreiben werde :)


Sprachblüten haben sich so einige angesammelt :)

Ich will Joshi an der Nase stupsen, tippe ihm aber aus Versehen ins Auge. Er darauf: "Mensch Mama, jetzt habe ich DEINEN Dreck in MEINEM Auge!"
Das kommt davon, wenn man die Kids zu früh zu viel "Es war einmal das Leben" schauen lässt ^^


Joshi vor'm Zähneputzen: "Ach Mama, ich wär so gern ein Hund!"

Ich:"Joshi, jetzt höre auf, sonst krieg' ich die Krise!"
Joshi:"Mama, manchmal BIST du eine kleine Krise!"


Hab neulich mit Joshi angefangen, Blockflöte (Sopran) zu lernen. Danach saß er 15 Minuten allein in seinem Zimmer, übte und lobte/tadelte sich selbst. "Seeehr gut! / Nein, nochmal! / Nein, das ist eine lange Linie! / Neeeein, nicht sooo! ..." ♥ 

Joshis Universalausrede beim Männchen-Malen...
Ich: "Oh, der Mann hat aber nur einen Arm! Mal doch mal den zweiten mit hin!"
Joshi: "Mensch Mama, der hat den zweiten Arm nur in der Hosentasche!"


Neulich hat uns Papa in Stra besucht. Auf unserem Kühlschrank kleben lauter Fairtrade-Kleber von den Bananen (die, die auch auf der Schokolade drauf sind, Joshi sammelt die und klebt sie an den Kühlschrank). Ca. 4 Wochen vorher hatte ich ihm erklärt, was das "Fairtrade-Zeichen" (auch) bedeutet. Joshi erklärt seinem Papa:
"Also Papa, das Zeichen heißt, dass für meine Schokolade nur Erwachsene arbeiten und dass die dafür auch genügend Geld bekommen. Bei der anderen Schokolade müssen Kinder den gaaaaanzen Tag arbeiten und die bekommen kein Geld dafür." 




 


 



2 Kommentare:

  1. Liebe Saskia,
    wenn ich lese, dass einige Leute meinen, du würdest vor irgendwas weglaufen, weil du mit Kind in Ausland gehst, dann kann ich nur sagen, „Whaaaat?“. Ich erlaube mir mal eine Vermutung: Leute, die das behaupten, sind aus ihrem gewohnten Lebensumfeld gerade mal 30 km herausgekommen. Ihre Weltsicht, wie MAN Dinge mache: man hat einen Beruf, man geht arbeiten, heiratet, baut ein Häuschen, pflanzt einen Baum und bekommt Kinder. Das ist in Ordnung, das ist sicher, das ist bekannt… und, Verzeihung, sterbenslangweilig.
    Und jetzt kommst du daher, alleinerziehend, mit einem unehelichen Kind, im Studium und erlaubst dir, ins Ausland zu gehen, weil du eben gern willst: neue Sprache, neue Kultur, warum auch nicht? Und, trotz Rückschläge, bist zufrieden dabei. Im Großen und Ganzen. Und damit stellst du das Weltbild der „Traditionalisten“ auf den Kopf. Weil so macht MAN das ja nicht. Und dann stellen sie irgendwas von Flucht und „Vor was läufst du eigentlich weg?“ in den Raum. Wahrscheinlich mal irgendwo gelesen. Wahrscheinlich in Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“. Nur weil sie sich nicht vorstellen können, dass man mit einem alternativen Lebensentwurf auch glücklich sein kann.
    Joshi und du, ihr erlebt was, was euch keiner je wieder nehmen kann. Joshi lernt eine neue Sprache, eine neue Kultur und ganz nebenbei Weltoffenheit und Toleranz und, dass seine Mama alles packt, was sie sich vornimmt. Und, mal ganz nebenbei, würde irgendjemand etwas von „Flucht“ sagen, wenn du mit deinem bei Siemens arbeitenden Ehemann und Sohn für ein Jahr nach Singapur gehen würdest, weil das für ihn beruflich ein wichtiger Karriereschritt wäre? Wahrscheinlich nicht!

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  2. Danke, liebe Lotte (ich schreib jetzt mal extra deinen Nick ;-). Tut gut, das zu hören. Ja, die Tatsache, dass mir ein "Weglaufen" vorgworfen wird, hat schon wehgetan, zumal es von sehr nahestehenden Menschen kam. Aber so ist das eben, wenn man anfängt, nicht mehr "eine kleine Sassa" zu sein, sondern eine Frau und Mutter. Das verstehen manche leider nur sehr langsam...

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